Die Ausgezeichneten beim Literaturpreis 2022

In der »Werk°Stadt« in Witten wurden die Preise in den verschiedenen Kategorien vergeben.

Der Hauptpreis

geht an Annika Büsing für »Nordstadt« 


Jede Ruhrgebietsstadt hat eine Nordstadt. Wer dort herkommt, startet mit schwerem Gepäck ins Leben – so wie Bademeisterin Nene und der arbeitslose, behinderte Boris. Im Schwimmbad lernen sie, nicht unterzugehen und einander über Wasser zu halten. Bei Büsing sitzt jedes Wort, sie seziert die Verhältnisse messerscharf und erzählt mit Humor und mit großer Empathie für die, denen von Anfang an wenig gegeben und viel genommen wird. Eine schnelle, raue Liebesgeschichte von robuster Sensibilität und mit Zuversicht: ein beeindruckendes Debüt.

Annika Büsing ist als Arbeiterkind im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, mit einer ausgeprägten Vorliebe für Punkrock und Bücher. Nach dem Abitur schloss sie zunächst eine Ausbildung in einem Verlag ab, entschied sich dann aber, Germanistik und Theologie auf Lehramt zu studieren. Nach dem Studium zog es sie Richtung Norden, zunächst nach Island zum Jobben und Schreiben, dann nach Hamburg zum Referendariat. Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen wieder in Bochum, wo sie am Hildegardis Gymnasium unterrichtet. Die Liebe zu Punkrock und Büchern ist geblieben.

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Der Förderpreis

geht an Murat Kayi für »Walfred Zobel«


Der Ehrenpreis

geht an Ursula Friebel, Bibliothekarin in der städtischen Bibliothek Moers.


Ursula Friebel ist eine »unsung hero« im besten Sinn, eine unbesungene, eher übersehene Heldin, die für all jene steht, deren unermüdliche Arbeit im Hintergrund das kulturelle Leben im Ruhrgebiet erst ermöglicht. Beim international und hochkarätig besetzten Krimifestival Moers war Uschi Friebel von Anfang an dabei; seit vielen Jahren liegt die Federführung, die Kuration und die Organisation des alle zwei Jahre stattfindenden Events bei ihr. Sie wirkt absolut bescheiden aus der zweiten Reihe, dabei ist sie Motor und Seele des Festivals. Aber das ist nicht das einzige Gebiet, auf dem sie sich neben ihrer Anstellung als Lektorin in der Belletristik und den üblichen Bibliotheksarbeiten (Informationsdienst, Ausleihe etc.) engagiert. So hat sie im Pandemiejahr 2021 das Projekt »Corona – Moers schreibt ein Buch« mit auf den Weg gebracht, es lektoriert und herausgegeben. Ursula Friebel ist aktiv in der Moerser Gesellschaft zur Förderung der Literatur e. V., und auch im Netzwerk literaturgebiet.ruhr bringt sie sich ein.

Der Ehrenpreis ist kein Jurypreis, sondern er wird vom RVR in Absprache mit dem Literaturbüro Ruhr direkt vergeben. Die Laudatio auf Ursula Friebel hielt Eva Schmelnik-Tommes, ehemalige Leiterin der Bibliothek Moers, heute Abteilungsleiterin in der Stadtbibliothek Duisburg.




Shortlist 2022

Fünf aktuelle Bücher hat die Jury des Literaturpreis Ruhr auf die Shortlist 2022 für den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis gesetzt. Fünf herausragende Titel, die vom Ruhrgebiet handeln oder hier entstanden sind: Ein Debüt, ein Kinderbuch und drei Romane, die in unterschiedlichster Art und Weise um das Thema Familie kreisen.

Die nominierten Titel und Autor*innen 2022:



annika büsing: »nordstadt«

Jede Ruhrgebietsstadt hat eine Nordstadt. Wer dort herkommt, startet mit schwerem Gepäck ins Leben – so wie Bademeisterin Nene und der arbeitslose, behinderte Boris. Im Schwimmbad lernen sie, nicht unterzugehen und einander über Wasser zu halten. Bei Büsing sitzt jedes Wort, sie seziert die Verhältnisse messerscharf und erzählt mit Humor und mit großer Empathie für die, denen von Anfang an wenig gegeben und viel genommen wird. Eine schnelle, raue Liebesgeschichte von robuster Sensibilität und mit Zuversicht: ein beeindruckendes Debüt.



Andreas fischer: »die königin von troisdorf«

Über drei Generationen und hundert Jahre hinweg (von 1914 bis 2014) erzählt Andreas Fischer die Geschichte der eigenen Familie, deren Wurzeln in Gelsenkirchen liegen. Er berichtet in klarer Prosa und mit Originaldokumenten angereichert von den Kriegen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die die Menschen prägen, wie sie sie im Innern begrenzen und ebenso über sich hinauswachsen lassen. So entstehen trotz der nüchternen Erzählung komplexe Charaktere. Das gilt insbesondere für Oma Lena, die „Königin von Troisdorf“. Eine Familiengeschichte, die viele in Deutschland kennen, in dieser Umsetzung einzigartig lesenswert.



jörg hilbert: »coco stolperbein«

Als Familie Stolperbein ins frisch renovierte Dachgeschoss zieht, bringt die kleine Tochter Coco das geordnete Leben der alteingesessenen Nachbarschaft gehörig durcheinander. In diesem liebevoll und hochwertig gestalteten Bilderbuch vermittelt Autor Jörg Hilbert, bekannt für seine „Ritter Rost“-Saga, in eingängigen, lustigen Reimen schon den Jüngsten so wichtige Themen wie Toleranz, Vielfalt und Freundschaft. Ein Kinderbuch zum Vor- und Immer-wieder-Lesen.



Hilmar Klute: »Die schweigsamen Affen der Dinge«

Hilmar Klute nimmt uns an der Seite seiner Hauptfigur Henning mit auf eine Heimreise, die in die Ferne führen wird – und doch ganz zu sich selbst. Er erzählt von einem, der abgeschlossen hat mit dem Arbeitermilieu, aus dem er stammt, der schon lange Abschied genommen hat vom Vater. Zu dessen Beerdigung kommt er nun doch noch einmal ins Ruhrgebiet und fragt sich, ob der Blick des Vaters vielleicht weiter reichte als knapp hinter die angegraute Gardine. Ein packender Roman über eine Vatersuche, über die Überwindung von Bildungsschranken und die Kraft der Literatur
MARTIN SIMONS wuchs in Selm auf und lebt heute mit seiner Familie in Berlin. Er ist Autor und Herausgeber mehrerer Bücher. Vor »Beifang« erschien von ihm »Jetzt noch nicht, aber irgendwann schon« (2019).



Jan Weiler: »Der Markisenmann«

Ein Coming of Age-Roman mit Humor und Tiefgang: Kim ist 16 und „schwierig“. In diesem Sommer lernt sie ihren leiblichen Vater kennen, einen erfolglosen Vertreter für Markisen aus DDR-Restbeständen mit Wohn- und Lagerhalle in Duisburg-Meiderich. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten begleitet Kim den „Markisenmann“ auf eine skurrile Verkaufstour durch das Ruhrgebiet. Doch unter der Oberfläche der unterhaltsamen Geschichte stellen sich ernsthafte Fragen nach Schuld und Verantwortung. Am Ende dieses Roadmovies von der A40 hat sich das Leben von Tochter und Vater nachhaltig verändert.

Die Jurorinnen und Juroren für den Hauptpreis

Beim Literaturpreis Ruhr gibt es zwei verschiedene Jurys für die beiden Kategorien. Die Jury für den Hauptpreis ist mit fünf, die für den Förderpreis mit sieben Personen hochkarätig besetzt. Benannt werden Fachleute aus Literaturkritik und Literaturwissenschaft, Vertreter und Vertreterinnen aus der Literaturszene an der Ruhr und dem Netzwerk literaturgebiet.ruhr, aber auch von außerhalb der Region. Ein bzw. zwei Juryplätze werden von Mitgliedern des RVR-Ausschusses für Kultur, Sport und Vielfalt eingenommen. Jedes Jahr wird mindestens eine Stelle in den Jurys neu besetzt, jedes Mitglied verweilt höchstens fünf Jahre in einer Jury.

Christa Becker-Lettow, Foto: Jörg Richard

Christa Becker-Lettow

ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im RVR und vom Ausschuss Kultur, Sport und Vielfalt in die Jury entsandt. Sie ist in Essen geboren, hat in Bochum studiert, wohnt in Castrop-Rauxel und arbeitet in Dortmund. Sie findet, viel mehr Ruhrgebiet geht fast nicht. Deshalb ist sie besonders gespannt auf Literatur mit Ruhrgebietsbezug. Bücher sind für sie existentiell. Dabei spielt das Genre keine Rolle. Als begeisterte dreifache Großmutter macht sie auch vor Kinderbüchern nicht halt. Sie findet, Erich Kästner hatte Recht: »Wer Bücher schenkt, schenkt Wertpapiere». Die diplomierte Sozialwissenschaftlerin ist Geschäftsführerin der SPD in Dortmund.

Cathrin Brackmann, Foto: privat

Cathrin Brackmann

ist Journalistin, Moderatorin und leidenschaftliche Buchkritikerin. Seit gut zehn Jahren liest und empfiehlt sie Bücher für den WDR, moderiert Lesungen, trifft, interviewt und porträtiert Autoren. An der Akademie für kulturelle Bildung in Remscheid hat sie sich das professionelle Wissen für ihre besondere Herzensangelegenheit erarbeitet, die Literaturpädagogik für Kinder- und Jugendliteratur. Seitdem besucht sie regelmäßig Schulen und Kindergärten, um den Kindern, egal welchen Alters oder welcher Herkunft, spielerisch Literatur zu vermitteln. Cathrin Brackmann finden Sie immer mit einem Buch vor der Nase oder, z.B. beim Sport, auf dem Ohr.

Karla Paul, Foto: Simone Hawlisch

Karla Paul  

ist selbsternannte Literaturlobbyistin und on- wie offline für die Bücher unterwegs. Mit ihren digitalen Kanälen, ihrer Literaturshow „Die Seitenspringer“ sowie dem Podcast „Long Story Short“ erreicht sie wöchentlich über 100.000 Leserinnen. Sie moderiert Lesungen, pitcht beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels vor Buchhändlerinnen die Neuerscheinungen des Jahres, schreibt und spricht für diverse Medien wie die ARD, T-Online, Emotion slow, moka und vieles mehr. Die digitale Nomadin mit Hauptwohnsitz Hamburg ist literarisch international, denn ihre Heimat findet sie tagtäglich zwischen den Seiten.

Patrick Musial, Foto: privat

PATRICK MUSIAL

Nach langjähriger Tätigkeit im Kulturbereich, unter anderem als Theaterreferent der Stadt Recklinghausen, Ausbildung zum Buchhändler; im Jahr 2017 Übernahme der 1990 gegründeten Buchhandlung Musial in Recklinghausen, der einzigen Buchhandlung weit und breit, in der man abends à la carte dinieren kann. 1994 als Musiker in einer Band ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Herne, 1999 mit dem »Grünen Kulturkaktus« für die Organisation von Jazzkonzerten in der Altstadtschmiede Recklinghausen und 2019 mit dem Deutschen Buchhandlungspreis.

Alexandra Pontzen, Foto: privat

Professor Dr. Alexandra Pontzen

Studium der Germanistik, Romanistik und Erziehungswissenschaft in Bonn und Toulouse (F);  Professorin für Germanistik/Neuere deutsche Literaturwissenschaft: Literatur des 18.-21. Jahrhunderts (Schwerpunkt Gegenwartsliteratur) und Medienkulturwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen; Leiterin der Redaktion Gegenwartskulturen des Internet Rezensionsportals literaturkritik.de; Mitglied der Jury zur Vergabe des Alfred-Kerr-Preises für Literaturkritik.

Jurorinnen und Juroren für den Förderpreis

Sandra Da Vina, Foto: David Peters

Sandra Da Vina  

lebt und arbeitet in Essen. An der Universität Duisburg-Essen studierte sie Literaturwissenschaften und Medienpraxis. Seit 2012 ist sie auf den deutschsprachigen Poetry-Slam- und Kabarettbühnen unterwegs. 2014 gewann Da Vina die NRW Landesmeisterschaften im Poetry Slam. Sie veröffentlichte mehrere Erzählbände, darunter zuletzt »Vom Kuchen und Finden« (2018). Derzeit ist sie mit ihrem Soloprogramm »Da Vina takes it all« auf Tour. 

Inger Hachen-Jehring, Foto: privat

Inger Hachen-Jehring

Studium an der Universität Dortmund, Germanistik und Geographie auf Lehramt. Nach dem Referendariat ein halbes Jahr mitreisende Lehrerin beim Circus Flic Flac. Seit 2000 Lehrerin an einer Gesamtschule in Hilden. Mitautorin eines Deutschlehrwerks für den Cornelsen Verlag. Verheiratet, Mutter von zwei Kindern, mit Herz und Seele dem Hockeysport und der Politik verbunden. Sitzt für die CDU im Ruhrparlament, in die Jury entsandt vom Ausschuss Kultur, Sport und Vielfalt.

Ralph Köhnen, Foto: privat

Prof. Dr. Ralph Köhnen

geboren in Essen, studierte Deutsch, Englisch und Kunstgeschichte in Bochum, Berlin und München. 1994 Promotion an der RUB in Germanistik (»Sehen als Text-Kultur. Intermediale Beziehungen zwischen Rilke und Cézanne«, 1994), Habilitation 2006 mit einer Schrift über »Das optische Wissen – mediologische Studie zu einer Geschichte des Sehens«. Seit 2007 Leitung der Literarischen Gesellschaft Bochum (mit Prof. Gerhard Rupp). Seit 1991 am Germanistischen Institut der Ruhr-Uni Bochum, apl. Prof. seit 2012. Forschungsgebiete: Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Literatur- und Mediendidaktik, Kultur, Musik. Letztes Buch: »Selbstoptimierung. Eine kritische Diskursgeschichte des Tagebuchs« (2018)

Artur Nickel, Foto: Dirk A. Friedrich

Dr. artur nickel

lebt als Autor von Lyrik und Prosatexten, Literaturvermittler und Lehrer in Bochum sowie Essen. Er gibt seit 2005 jedes Jahr die Essener Jugendanthologien heraus. Sein Metier ist Schreiben und Lesen, denn es führt im Denken und Sprechen zu fantasievoller Klarheit. Gerade Jugendliche gehen, seiner Meinung nach, da oft besondere Wege. Mitglied ist er u. a. im Verband der Schriftsteller VS. Zuletzt erschien sein deutsch-russischer Gedichtband mit dem Titel „im spiegelschnitt / на зеркальном срезе“ (übersetzt von Nadeshda Serebryakova, Geest: Vechta 2019).

Bozena Badura, Foto: Dirk A. Friedrich

Dr. Bozena Anna Badura 

ist freie Literaturkritikerin und -wissenschaftlerin sowie Lehrbeauftragte an der Universität Duisburg-Essen. 2009 und 2010 war sie tätig als Teaching Assistant an der University of Virginia. Im Gemeinschaftsprojekt www.dasdebuet.de bietet sie seit 2014 neuerscheinenden deutschsprachigen Debütromanen eine Bühne und richtet den Bloggerpreis für Literatur »Das Debüt des Jahres« aus. Außerdem ist sie Mitglied in verschiedenen Gremien und Jurys und konzipiert und moderiert Kulturveranstaltungen. Sie veröffentlichte u.a. »Normalisierter Wahnsinn? Aspekte des Wahnsinns im Roman des frühen 19. Jahrhunderts« (Psychosozial-Verlag, Gießen 2015).

Hatice Kahraman, Foto: Ivo Mayr | CORRECTIV

Hatice Kahraman 

hat in der Jugendredaktion Salon5 Jugendlichen das Lesen näher gebracht: Sie hat den Salon5 Jugendbuchpreis ins Leben gerufen und Jugendlichen im Ruhrgebiet den Zugang zu Büchern durch Podcasts verschafft. Hatice ist Redaktionsleiterin der Jugendredaktion Salon5 von CORRECTIV und tagtäglich hautnah an der Generation Z. Sie arbeitet mit jungen Menschen zwischen 13 und 18 Jahren zusammen, zeigt ihnen das journalistische Handwerk und berichtet aus der Lebenswelt junger Menschen. Sie hat Journalismus und Politikwissenschaften studiert.

Martina Lilla-Oblong, Foto: Markus Laghanke | Grüne im Ruhrparlament
MARTINA LILLA-OBLONG

Seit November 2020 Mitglied des Ruhrparlaments, Bildungspolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen, Mitglied im Ausschuss für Digitales, Bildung und Innovation sowie im Aufsichtsrat der Freizeitgesellschaft Metropole Ruhr (FMR). Studierte Literatur- und Sprachwissenschaftlerin (M.A. Anglistik/Germanistik), hat selbst lange Zeit als Journalistin und verantwortliche Redakteurin gearbeitet. Erfahrungen in der Erwachsenenbildung (z.B. Leitung Begleitkurs des Funkkollegs »Literarische Moderne«). Seit 2018 selbstständige Tätigkeit als Textoptimiererin mit einem professionellen Korrekturservice.


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