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Bottrop: Sarah Bosse liest „Die Schwarzfüße“ von Jo Pestum

Eine Veranstaltung in der Reihe "Stunde Null?! Bottroper Perspektiven auf Ende und Neuanfang" zu 80 Jahren Weltkriegsende

Die bekannte Kinderbuchautorin Sarah Bosse liest aus dem Werk ihres Vaters, Johannes Stumpe, dem unter dem Pseudonym ‚Jo Pestum‘ bekannt und erfolgreich gewordenen Essener Schriftsteller und Filmautor. In seinem 1990 erstmals veröffentlichten Buch gründen sechs Jungen um den Ich-Erzähler Georg in der vom Krieg gezeichneten Stadt Essen den Stamm der „Schwarzfüße“. Die Erzählung beschreibt damit die Sehnsucht der Kinder nach dem Wilden Westen, einem glorifizierten Abenteuerland, fernab von ihren alltäglichen Nöten in der von Entbehrungen, Schwarzmarkthandel und Entnazifizierung geprägten Heimat.

Mit einer einfühlsamen Interpretation lässt Sarah Bosse die Geschichte der „Schwarzfüße“ lebendig werden und gibt zugleich einen persönlichen Einblick in das literarische Schaffen ihres Vaters.

ABGESAGT: Oliver Hilmes mit „Ein Ende und ein Anfang. Wie der Sommer 1945 die Welt veränderte“

Eine Veranstaltung in der Reihe "Stunde Null?! Bottroper Perspektiven auf Ende und Neuanfang" zu 80 Jahren Weltkriegsende

In diesem Sommer ist nichts mehr, wie es war: In den vier Monaten von Mai bis September 1945 bricht die alte Welt zusammen, und eine neue tut sich auf. Das verbrecherische ‚Dritte Reich‘ ist am Ende, und eine Zeit der Freiheit, aber auch neuer Konflikte, nimmt ihren Anfang.

Wie erleben die Menschen diesen Sommer – Sieger wie Besiegte, Opfer wie Täter, Prominente wie Unbekannte? Die ‚Großen Drei‘ bestimmen auf der Potsdamer Konferenz den Gang der Geschichte, und die Berliner Hausfrau Else Tietze bangt um das Leben ihres Sohnes. Der US-Soldat Klaus Mann spürt Nazi-Verbrecher auf, und in Berlin plant Billy Wilder eine Komödie über das Leben in den Ruinen, und der Rotarmist Wassili Petrowitsch wird von deutschen Kindern um Brot angebettelt. In vielen Geschichten und Szenen fängt Oliver Hilmes die einzigartige Atmosphäre dieser Zeit der Extreme ein: das große Glück und die Hoffnung der Befreiten, das Elend und die Trauer, die Ängste der Besiegten und die neue Freiheit.

Oliver Hilmes ist Historiker, Publizist und Kulturmanager. Bekannt wurde der mehrfach ausgezeichnete Autor durch seine gewissenhaft recherchierten Biografien über Alma Mahler-Werfel, Cosima Wagner und Ludwig II, die es auch in die Spiegel-Bestsellerlisten schafften.

Essen: Ines Habich-Milović und „Dein Vater hat die Taschen voller Kirschen“

Das Literaturbüro beim Literaturviertelfest in Essen

In „Dein Vater hat die Taschen voller Kirschen“ erzählt Ines Habich-Milović von Rieke und ihrer Tochter Maja, die auf die Rückkehr des verschwundenen Mirko warten. Riekes Erinnerungen sind für Maja eine wilde Reise von einem montenegrinischen Dorf bis ins Deutschland der Achtziger, vom katholischen Viertel Sarajevos bis ins funkelnde Stroboskoplicht der Bochumer Discos. Ines Habich-Milović erzählt in ihrem Debüt bunt und voller Frische vom Fluch und Segen der Familie – und von der Liebe über alle Grenzen hinweg.

Miko ist verschwunden. Wohin, das weiß keiner. Während seine Frau Rieke und die Tochter Maja auf seine Rückkehr warten, erzählt Rieke seine Geschichte. Maja soll wissen, wer ihr Vater ist. Doch um das zu verstehen, muss sie auch die Geschichte seiner Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien kennen, denn Miko wäre nicht Miko ohne das Kirschenklauen vom Baum des Nachbarn. Ohne die Lkws der Papierfabrik, die an Schluchten voller Autowracks entlangbrausen, und eine Mutter, die einst das schönste Mädchen von Sarajevo war. Ohne seinen Bruder Silan, der auf dem Dancefloor glänzt und den selbst eine Pistole nicht einschüchtern kann, und ohne Dragan, den ältesten der Brüder, der großen Erfolg hat und dann alles grandios an die Wand fährt.

Eine wilde Reise von einem montenegrinischen Dorf bis ins Deutschland der Achtziger, vom katholischen Viertel Sarajevos bis ins funkelnde Stroboskoplicht der Bochumer Discos. Und nach und nach erfahren wir alles über die große Liebe, die zu Majas Existenz führte, und über Mikos rätselhaftes Verschwinden. Ines Habich-Milović erzählt in ihrem Debüt bunt und voller Frische vom Fluch und Segen der Familie – und von der Liebe über alle Grenzen hinweg.

Moderation: Antje Deistler

Hier geht es zum Gesamtprogramm beim Literaturviertelfest in Essen.

Bottrop: Kurt Tallert und „Spur und Abweg“

Eine Veranstaltung in der Reihe "Stunde Null?! Bottroper Perspektiven auf Ende und Neuanfang" zu 80 Jahren Weltkriegsende

In „Spur und Abweg“ stellt Kurt Tallert sich der Verfolgungsgeschichte seiner Familie. Das Besondere an seinem Schicksal und seiner Perspektive auf die deutsche Geschichte: Kurt Tallert ist heute 38 Jahre alt, und doch wurde sein Vater als junger Mann noch von den Nazis als sogenannter Halbjude verfolgt. Bei der Geburt seines Sohnes ist Harry Tallert 58 Jahre alt. Und stirbt zwölf Jahre später. Was bleibt sind Erinnerungen, Notizen, Briefe, Fotos. Spuren eines beschädigten Lebens. Auf diesen Spuren wandelt Kurt Tallert. Sie führen ihn ins Bad Honnef seiner Kindheit, in zahllosen Regionalzügen quer durch die Republik und schließlich zu seiner jüdischen Urgroßmutter Berta – und zu der Frage: Was hat das eigentlich alles mit mir zu tun?

Eine Liebeserklärung an einen traumatisierten Vater, sprachgewaltig, bewegend und radikal intim. Kurt Tallert führt uns vor Augen, dass Erinnern oder Vergessen nicht für alle Gegenstand einer Entscheidung ist.

DER AUTOR

Unter dem Künstlernamen „Retrogott“ prägt Kurt Tallert als Rapper, DJ und Produzent seit mehr als zwanzig Jahren die deutsche Hip-Hop-Szene und veröffentlichte zahlreiche Alben. „Spur und Abweg“ ist sein schriftstellerisches Debüt.

Der Moderator

Das Gespräch moderiert der Autor, Musiker und Kabarettist Murat Kayı (WDR 5 Liederlounge).

Duisburg: Mithu Sanyal mit „Antichristie“

London 2022, die Königin ist tot! An den Trauernden vorbei rennt Durga: internationale Drehbuchautorin, Tochter eines Inders und einer Deutschen, und voller Appetit auf Rebellion und Halluzinationen. Durga soll an einer Verfilmung der überbritischen Agatha-Christie-Krimis mitarbeiten. Doch auf einmal ist es 1906, Durga findet sich im Körper eines Mannes wieder und trifft indische Revolutionäre, die keineswegs gewaltfrei wie Gandhi kämpfen.

Mithu Sanyal, 1971 in Düsseldorf geboren, ist Kulturwissenschaftlerin, Autorin, Journalistin und Kritikerin. Ihr Sachbuch „Vulva. Das unsichtbare Geschlecht“ erschien 2009, gefolgt von „Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens“ im Jahr 2016. Ihr Debütroman „Identitti“ wurde 2021 veröffentlicht und war auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Er erhielt den Literaturpreis Ruhr sowie den Ernst-Bloch-Preis 2021 und thematisiert Identitätspolitik. In „Antichristie“ erweitert Sanyal ihren Fokus und fragt nach den Auswirkungen des Kolonialismus und der Gewalt in uns allen.

Ein Bestseller, wie gemacht, um das Begleitprogramm zur Sonderausstellung „ÜBERSEeHEN. Auf (post)kolonialer Spurensuche in Duisburg“ zu eröffnen!

Es moderiert Antje Deistler, Leiterin des Literaturbüro Ruhr.